Die sogenannte Islamische Revolution (persisch انقلاب اسلامی enqelāb-e eslāmi), (ursprünglich) auch als „Iranische Revolution“ bezeichnet, war eine vielschichtige Bewegung, die 1979 zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi und zur Beendigung der Monarchie in Iran führte. Sie wird auch Revolution 57 (persisch Enghelāb-e pandschah o haft) genannt, nach dem Revolutionsjahr 1357 im iranischen Kalender. Symbolfigur und später Revolutionsführer war der Ajatollah Ruhollah Chomeini, der ab 1979 gegen weitere revolutionäre und säkulare Gruppen sein Staatskonzept von der Regentschaft der Geistlichkeit (Welāyat-e Faqih, „Statthalterschaft des Rechtsgelehrten“) zum Teil mit Gewalt durchsetzte und neues Staatsoberhaupt wurde.
Die ersten von Ruhollah Chomeini angeführten Demonstrationen gegen den Schah fanden im Juni 1963 statt. Mit den von der Freiheitsbewegung (Nehzat-e Azadi) um Mehdi Bāzargān, einem Mitglied des Parteienbündnisses der Nationalen Front, unterstützten Protesten sollte das Reformprogramm der Weißen Revolution von Schah Mohammad Reza Pahlavi, vor allem die Abschaffung des Großgrundbesitzes und die Einführung des Frauenwahlrechts, verhindert werden.
Nach einer auf Druck des US-Präsidenten Jimmy Carter im Jahr 1977 erfolgten politischen Liberalisierung lebten die von Chomeini initiierten Demonstrationen im Januar 1978 wieder auf. Zwischen August und Dezember 1978 legten mit Unterstützung der Nationalen Front organisierte Streiks die Wirtschaft des Landes lahm. Der Schah verließ das Land Mitte Januar 1979 und zwei Wochen später kehrte Ajatollah Chomeini, der 1964 ins Ausland abgeschoben worden war, aus seinem französischen Exil nach Teheran zurück, wo er von einer jubelnden Menschenmasse begrüßt wurde. Die konstitutionelle Monarchie brach spätestens am 11. Februar 1979 endgültig zusammen, als Guerillagruppierungen und bewaffnete islamistische Revolutionäre die schahtreuen Teile der Armee in Straßenkämpfen angriffen. Am 1. April 1979 wurde die bisherige Staatsform der Monarchie als Ergebnis eines zuvor abgehaltenen Referendums abgeschafft und durch die neue Staatsform der Islamischen Republik ersetzt.
Die Islamische Revolution, die zunächst eine iranische war, ermöglichte einer mittellosen Landbevölkerung den Aufstieg zu bescheidenem Wohlstand. Viele Dorfbewohner waren in die Slums iranischer Großstädte gezogen und bildeten ein Kleinbürgertum, das loyal zu dem durch die Revolution eingeführten theokratischen System war. Für diese Loyalität erhielten sie Arbeitsplätze, Bildung, Wohnungen, was ihnen zuvor als ländliches Prekariat verwehrt geblieben war.
Vorgeschichte
Der schiitische Klerus (ʿUlamā') hatte immer großen Einfluss auf den Teil der iranischen Bevölkerung, der religiös und konservativ war und westliche Einflüsse in der iranischen Gesellschaft ablehnte. Dass der Klerus eine bedeutsame politische Kraft war, zeigte sich in der jüngeren iranischen Geschichte 1891 in der Tabakbewegung, die sich gegen eine von Nāser ad-Din Schah erteilte Konzession richtete, die den gesamten Tabakhandel in Iran an die britische Imperial Tobacco Corporation vergeben hatte.
Wenige Jahre später beteiligten sich auch schiitische Geistliche im Rahmen der Konstitutionellen Revolution (1905 bis 1911) am Sturz der absolutistischen Monarchie und dem Aufbau einer konstitutionellen Monarchie mit einer Verfassung und einem Parlament. Während der Konstitutionellen Revolution kam es zu heftigen Diskussionen zwischen der Geistlichkeit und den bürgerlichen Kräften, welche Rolle der Islam in der Verfassung spielen solle. Revolutionsführer Chomeini bezog sich in seinen Schriften direkt auf den 1909 von den Konstitutionalisten erhängten Scheich Fazlollah Nuri und bezeichnete ihn als Vorbild, der für die Vorherrschaft der Religion im politischen System Irans gekämpft habe. Nuri hatte in der verfassungsgebenden Versammlung durchgesetzt, dass eine Kommission schiitischer Geistlicher jedes vom Parlament verabschiedete Gesetz daraufhin überprüfen müsse, dass es nicht den Gesetzen des Islams widerspreche; ansonsten sei es nichtig.
Jahrzehnte später kam es dann zu den zu erwartenden Auseinandersetzungen zwischen dem Klerus und Reza Schah Pahlavi, der bis dahin gültige islamische Gesetze und Gerichte 1927 durch eine moderne Rechtsordnung westlicher Prägung ersetzte, das Tragen des Hidschāb verbot und die koedukative Erziehung in den Schulen einführte.
1941 musste Reza Schah Pahlavi nach der anglo-sowjetischen Invasion auf britischen Druck hin zurücktreten. Sein Sohn Mohammad Reza Pahlavi folgte ihm auf dem Thron. Schah Mohammad Reza Pahlavi suchte die Aussöhnung mit der Geistlichkeit und lud die in den Irak geflüchteten Ajatollahs ein, nach Iran zurückzukehren.
1953 führte eine von den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens durchgeführte Operation zum Sturz von Premierminister Mohammad Mossadegh. Mit der als Operation Ajax in die Geschichte eingegangenen Geheimdienstoperation wurde die Machtstellung Schah Mohammad Reza Pahlavis weiter gefestigt. Mossadegh hatte die Verstaatlichung der Ölwirtschaft in Iran umgesetzt, um die Ausbeutung der iranischen Ölfelder durch die britische Anglo-Persian Oil Company zu stoppen. Damit löste er eine internationale Krise aus (Abadan-Krise), die letztlich zu seinem Sturz führte.
Ideologische Entwicklungen im Vorfeld der Revolution
Chomeinis Kritik an der Weißen Revolution
Der Führer der Islamischen Revolution, der schiitische Geistliche Ruhollah Chomeini, wurde 1963 einem größeren iranischen Publikum dadurch bekannt, dass er sich vehement gegen das Reformprogramm des Schahs, das später den Titel Weiße Revolution tragen sollte, aussprach. Chomeini sah in dem Programm, dessen Hauptpunkte aus einer Landreform, der Stärkung der Rechte der Frauen und einer Alphabetisierungskampagne bestanden, einen Angriff auf den Islam. Obwohl Chomeini das Referendum über das Reformprogramm als ein gegen Gott gerichtetes Vorhaben brandmarkte und alle Gläubigen aufrief, nicht an der Abstimmung teilzunehmen, sprachen sich am 26. Januar 1963 5.598.711 Iraner dafür und nur 4.115 dagegen aus.
Am 3. Juni 1963 griff Chomeini während der Aschura-Feierlichkeiten den Schah in einer Rede in Ghoms Faizieh-Schule persönlich an, indem er eine Rede gegen den Tyrannen unserer Zeit hielt:
Nach dieser Rede wurde Chomeini am 5. Juni 1963 verhaftet.
Die Rede Chomeinis gegen die Reformen der Weißen Revolution wurde von gewalttätigen Demonstrationen in Ghom, Schiras, Maschhad und Teheran begleitet. Mehr als 10.000 Demonstranten zogen am 5. Juni 1963 durch die Straßen Teherans, um gegen die Verhaftung Chomeinis zu protestieren. Premierminister Asadollah Alam rief die Armee zu Hilfe, nachdem er nur noch mit einem gepanzerten Fahrzeug den Regierungssitz verlassen konnte. Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Teheran der Ausnahmezustand. Truppen marschierten in den Straßen auf und es wurde auf Demonstranten geschossen. Tausende wurden verletzt. Die Zahl der Toten wurde von Premierminister Alam mit 20 angegeben. Chomeini und seine Anhänger sprachen von 15.000 toten Demonstranten. Nach einer nach der islamischen Revolution durchgeführten Untersuchung von Emad al-Din Baghi waren am 5. Juni 1963 in Teheran bei den gewalttätigen Ausschreitungen 32 Demonstranten zu Tode gekommen. Der Widerstand gegen Mohammad Reza Schah unter Chomeini hatte sich formiert. Führende Politiker der Islamischen Republik Iran erklären heute, die Proteste im Juni 1963 seien die Geburtsstunde der islamischen Revolution gewesen.
Nach acht Monaten Hausarrest kam Chomeini wieder frei und begann von neuem, gegen den Schah und seine Regierung zu agitieren. Im November 1964 wurde er ein weiteres Mal verhaftet und in die Türkei abgeschoben.
Chomeini im Exil
Nach seinem anfänglichen Aufenthalt in Bursa (Türkei) konnte Chomeini im Oktober 1965 auf sein Drängen hin in den Irak reisen, wo er sich zuerst in Bagdad, dann in Nadschaf, einem heiligen Ort der Schiiten, niederließ. Er konnte sich dort relativ frei bewegen und seine Studien und Lehrtätigkeit fortsetzen. In diesem Klima entstand Chomeinis wichtigstes Werk: Der Islamische Staat (1970). In diesem Werk entwickelte er das Staatsprinzip der Welayat-e-faghih („Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten“). In seiner Agitation gelang es ihm allmählich, die Idee des gesellschaftlichen Fortschritts durch die Ausrichtung am Westen, die eine der Grundlagen des Reformprogramms des Schahs war, zu diskreditieren und eine eigene, islamische Fortschrittsideologie zu entwickeln. Dabei griff er auf Dschalāl Āl-e Ahmads Kritik der Verwestlichung Irans zurück. Al-e Ahmad sprach von der Verwestlichung (Gharbzadegi) als Plage, welche die iranische Gesellschaft vergifte.
Ein weiterer wichtiger Beitrag, um den als rückwärtsgewandt geltenden schiitischen Islam als fortschrittsorientiert erscheinen zu lassen, waren die Veröffentlichungen von Ali Schariati. Für ihn zeigte der Islam den Weg zur Befreiung der Dritten Welt vom Joch des Kolonialismus, Neokolonialismus und des Kapitalismus. Morteza Motahharis populäre Predigten über den Kampf des schiitischen Islam gegen die Ungerechtigkeit in der Regelung der Nachfolge Mohammads tat ein Übriges, seine Zuhörer für den neuen Kampf gegen die vermeintlichen Ungerechtigkeiten des Schahregimes zu mobilisieren.
Eines der zentralen Themen Chomeinis war, dass die Revolte und besonders der Kampf des Märtyrers gegen Ungerechtigkeit und Tyrannei zentraler Bestandteil des schiitischen Islam sei und dass Muslime dem Islam und weder dem westlichen Weg (Liberalismus und Kapitalismus) noch dem östlichen Weg (Kommunismus) folgen sollten: Na Scharghi Na gharbi Dschomhuriyeh Eslami („Weder Ost noch West [sondern eine] Islamische Republik“).
Am 6. Oktober 1978 wurde Chomeini von dem Vizepräsidenten Saddam Hussein des Landes verwiesen und nach Frankreich abgeschoben. Erst in Neauphle-le-Château, seinem Wohnort in Frankreich, – in Nadschaf war Chomeini nur ein Ajatollah unter vielen – war es für Chomeini möglich, mit den Möglichkeiten der internationalen Presse Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und die Verbreitung seiner Reden mittels Tonbandmitschnitten in Iran zu forcieren. Amir Taheri zählt in den wenigen Monaten 132 Rundfunk-, Fernseh- und Presseinterviews auf. Mohammad Beheschti spielte bei der Verbreitung in Iran eine entscheidende Rolle.
Die Oppositionsbewegung
Trotz des angeblich rigorosen Durchgreifens des Schahs und seines Geheimdienstes SAVAK konnten sich drei wichtige Oppositionsbewegungen entwickeln:
- Die zwar offiziell verbotene, aber im Untergrund erfolgreich agierende kommunistische Tudeh-Partei leistete überwiegend friedlichen Protest durch die Organisation von Streiks und Demonstrationen. Die maoistisch oder marxistisch geprägten Volksmudschahedin führten einen bewaffneten Guerillakrieg. Ihre Rolle bei der Entstehung der Islamischen Revolution wurde später von Ayatollah Mahmud Taleghani hervorgehoben. Er wurde Oktober 1979 in der Zeitung Ettelā'āt mit den Worten zitiert: „Die Gründer der Mudschahedin waren wahre Muslime. Sie waren Juwelen – oder Leuchtfeuer – die in Zeiten der Dunkelheit leuchten. Sie waren es, die den heroischen Kampf begannen, der schließlich in der Islamischen Revolution gipfelte.“
- Eine zweite Oppositionsbewegung bildete die von Mossadegh gegründete, Mitte-links einzuordnende Nationale Front (auch als Nationale Widerstandsbewegung bezeichnet), ein Zusammenschluss diverser Parteien. Ein prominenter Führer dieser Bewegung war Mehdi Bāzargān.
- Die dritte und für die Revolution entscheidende Oppositionsbewegung gegen den Schah bildete im Kern die 1977 gegründete Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit (Dschame'e-ye Rowhaniyat-e Mobarez). Die Partei wurde mit weit zurückreichenden Wurzeln von einer Gruppe islamischer Geistlicher 1977 im Geheimen gegründet, um den Sturz von Schah Mohammad Reza Pahlavi vorzubereiten. Sie ist die älteste klerikal ausgerichtete Partei im heutigen Iran. Die Gründungsmitglieder waren Ali Chamene’i, der heutige „oberste Führer“ der Islamischen Republik Iran, Morteza Motahhari, Mohammad Beheschti, Mohammad-Dschawad Bahonar, Ali-Akbar Rafsandschani und Mofatteh. Motahhari sprach in einer seiner Schriften explizit von der Notwendigkeit einer „Islamischen Revolution in Iran“ und definierte als ihre Ziele: 1. Wiederherstellung der Kennzeichen der Religion; 2. die Schaffung einer radikalen religiösen Reform im Land; 3. Sicherheit für die Unterdrückten; und 4. Wiedereinsetzung der Hadd-Strafen.
Unterstützt wurde die Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit von der Gesellschaft der Dozenten der religiösen Seminare (Dschame'eh-ye Modarresin Hozeh-ye Elmiyeh), welche die Lehrer der Religionsschulen repräsentierte, der Vereinigung der Islamischen Koalition (Hayat-e Mo'talefeh Eslami), die in der Hauptsache von Kaufleuten aus dem Basar getragen wurde, und der Gesellschaft der islamischen Ingenieure (Dschame'eh-ye Eslami Mohandesin), die sich aus Technokraten bildete, welche die westlich orientierte Politik des Schahs ablehnten.
Demonstrationen und Streiks
Der Tod Mostafa Chomeinis
Die ersten militanten Anti-Schah-Demonstrationen begannen im November 1977 in Täbris und Schiras nach dem Tod von Mostafa, dem Sohn Chomeinis. Die Zahl der Demonstranten belief sich auf wenige Hundert. In der Ark-Moschee von Teheran wurde – bei der Trauerrede zu Ehren seines Sohnes – Chomeini zum ersten Mal als „Imam“ bezeichnet. In der letzten Woche des Novembers 1977 schlossen die meisten Geschäftsleute des Teheraner Basars ihre Geschäfte und begaben sich in einen Streik, um damit der Trauergemeinde von Mostafa Chomeini ihr Mitgefühl auszusprechen. Selbst der alte und allseits respektierte Ajatollah Seyyed Ahmad Chansari konnte die Geschäftsleute nicht dazu bewegen, ihre Geschäfte wieder zu öffnen und den Streik abzubrechen.
Am 2. Dezember 1977 fand in Ghom eine 40 Tage nach dem Sterbefall organisierte Gedenkzeremonie für Mostafa Chomeini statt. Bei dieser Zeremonie traten die sonst üblichen religiösen Ansprachen völlig in den Hintergrund. Bei der Zeremonie wurde ein 14 Punkte umfassender Forderungskatalog verlesen, der von der Trauergemeinde durch Beifall angenommen wurde. Die Forderungen lauteten unter anderem:
- Rückkehr Chomeinis aus dem Exil,
- Freilassung aller politischen Gefangenen,
- Wiedereröffnung aller Religionsschulen, die wegen ihrer politischen Aktivitäten geschlossen worden waren,
- uneingeschränkte Redefreiheit,
- Verbot der Pornographie,
- Recht der Frauen, den Tschador zu tragen,
- Unterstützung der Armen,
- Unabhängigkeit vom internationalen Kapitalismus und Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel,
- Abschaffung der neuen, nach der 2500-Jahr-Feier eingeführten Jahreszählung und Rückkehr zum islamischen Kalender.
Durch das Vorlesen dieser Forderungen im Rahmen einer schiitischen Zeremonie und einer Art Abstimmung durch zustimmendes Rufen der Anwesenden war aus einer religiösen eine politische Veranstaltung geworden. Nach dem offiziellen Ende marschierte eine kleinere Gruppe angeführt von jungen Klerikern mit den Rufen „Lang lebe Chomeini, Tod dem Schah“ zur Fayziyeh-Religionsschule, die 1975 nach Krawallen geschlossen worden war. Auf dem Weg zur Schule wurden Scheiben von Banken zertrümmert und eine Polizeistation angegriffen. 28 Demonstranten wurden verhaftet.
In den beiden letzten Monaten des Jahres 1977 war es den Anhängern Chomeinis gelungen, die politische Initiative an sich zu reißen. Chomeini, der zu Beginn des Jahres 1977 in seinem Exil im Irak zunehmend in Vergessenheit geraten war, war wieder Tagesgespräch. Die Zahl der Demonstranten, die seine Anhänger mobilisieren konnten, betrug zum Ende des Jahres 1977 bereits einige Tausend.
„Iran und der Schwarze und Rote Kolonialismus“
Am 7. Januar 1978 (17. Dei 1356) erschien in der Tageszeitung Ettelā'āt unter dem Namen Ahmad Raschidi Motlagh ein Artikel, der den Titel Iran und der schwarze und rote Kolonialismus trug. In ihm wird Chomeini beleidigt und verunglimpft. Dieser Artikel gilt gemeinhin als Auslöser der Revolution. Am 8. Januar 1978 kamen einige hundert Studenten zusammen, die randalierend durch die Straßen von Ghom zogen, die Scheiben einiger Banken einschlugen und ihnen entgegenkommende Personen verprügelten, die sie beschuldigten, Agenten der Regierung zu sein. Am 9. Januar 1978 kamen einige tausend Demonstranten zusammen, schweigend, um den Sicherheitskräften keinen Anlass für ein Eingreifen zu geben. An einer Polizeistation in der Innenstadt hatten die Sicherheitskräfte eine Straßensperre eingerichtet. Als die Demonstranten an der Straßensperre angekommen waren, kam es durch Steinwürfe zur Eskalation. Es begann eine Straßenschlacht, die bis gegen 21 Uhr andauerte. Schnell verbreitete sich jedoch das Gerücht, dass es bei Demonstrationen in Ghom mindestens 100 Tote gegeben habe, später war dann von 300 Toten die Rede. Bei der Straßenschlacht mit der Polizei sollen fünf bzw. sieben Demonstranten zu Tode gekommen sein.
Nach schiitischer Tradition findet 40 Tage nach einem Todesfall eine Gedenkzeremonie für den Toten statt. Nach Ablauf dieser Frist kam es am 18. Februar 1978 zu Gedenkzeremonien mit Demonstrationen für die Toten von Ghom. Trotz der Aufforderung, ruhig zu bleiben, kam es in Täbris zu einer Straßenschlacht mit den Sicherheitskräften, an deren Ende 13 Tote zu beklagen waren. Die Zahl der Toten wurde u. a. gezielt erhöht, um die gegen Chomeini eingestellten Kleriker weiter unter Druck setzen zu können. Der Großajatollah Schariatmadari war nach den Demonstrationen von Täbris wütend, dass sein Aufruf zu gewaltfreien Demonstrationen missachtet worden war, und erklärte ultimativ, dass in Demonstrationen „keine Art aufhetzender Slogans oder gewalttätige Demonstrationen erlaubt seien“. Nachdem Chomeini an die Macht gekommen war, sollte Schariatmadari erhebliche Kritik für seine „destruktiven Äußerungen nach den Demonstrationen von Täbris“ erfahren.
Der Brandanschlag auf das Cinema Rex
Am 19. August, nach iranischem Kalender am 28. Mordad, dem 25. Jahrestag des Sturzes der Regierung Mossadegh, wurden von Islamisten 28 Kinosäle in ganz Iran in Brand gesteckt. Über 400 Tote waren bei dem Brandanschlag auf das Cinema Rex in Abadan zu verzeichnen. Bahman Nirumand spricht von 477 Toten, nach anderen Quellen starben mindestens 600 Menschen. Obwohl Kinos ein bevorzugtes Ziel der islamischen Oppositionsbewegung waren, wurde das von Chomeini verbreitete Gerücht geglaubt, die SAVAK sei für das Feuer verantwortlich. Weit über 10.000 Menschen gingen für die Opfer des Brandes und gegen den Schah auf die Straße.
Der schwarze Freitag
Ab September des Jahres 1978 fanden regelmäßig Massendemonstrationen statt und der Schah rief unter Berufung auf das Kriegsrecht ein allgemeines Demonstrationsverbot aus. Am 8. September begannen in Teheran massive Proteste, die Anzahl der Todesopfer betrug 88 nach Emad al-Din Baghi. Der Tag ging als Schwarzer Freitag in die Geschichte ein. Es kam zusätzlich zu den Demonstrationen zu Massenstreiks, welche die iranische Wirtschaft beinahe völlig zum Erliegen brachten.
Die Muharram-Proteste
Die sogenannten Muharram-Proteste gipfelten in einer Massendemonstration mit über 2 Millionen Teilnehmern rund um den Shahyad-Turm (nach der Revolution umbenannt in Freiheitsturm) am 2. Dezember 1978. Die aufgebrachte Menge forderte den Rückzug des Schahs und die Rückkehr des Ajatollahs Chomeini.
Die Rückkehr Chomeinis
Nach der Konferenz von Guadeloupe im Januar 1979, auf der der französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing, Präsident Jimmy Carter aus den USA, Premierminister James Callaghan aus Großbritannien und Bundeskanzler Helmut Schmidt beschlossen hatten, den Schah nicht mehr zu unterstützen und das Gespräch mit Ajatollah Ruhollah Chomeini zu suchen, verließ Mohammad Reza Pahlavi am 16. Januar 1979 mit seinem engsten Kreis Iran. Seine Abschiedsworte waren:
Der Schah hatte am 31. Dezember 1978 Schapur Bachtiar, ein führendes Mitglied der Nationalen Front, zum Premierminister bestimmt. Nach der Bestätigung durch das Parlament und den Senat nahm Bachtiar seine Amtsgeschäfte auf. Unterdessen sendete US-Präsident Carter General Robert E. Huyser nach Teheran, der unter Hochdruck Verhandlungen mit der iranischen Armee führte, um einen Putsch gegen die neue Regierung zu verhindern. Mit der Ankunft Chomeinis stand die Gefahr eines Putsches nach wie vor im Raum, während Huyser das Militär des Schahs stets zu Verhandlungen drängte, bis das Militär schließlich seine Neutralität erklärte.
Die Ankunft
Am 1. Februar gegen 9 Uhr morgens Ortszeit landete Chomeini an Bord einer von Air France gecharterten Boeing 747-100 (Luftfahrzeugkennzeichen F-BPVD) auf dem Flughafen Teheran-Mehrabad und wurde von Millionen Iranern begeistert empfangen. Inzwischen war er in den Augen vieler Schiiten zu einem Messias geworden, zu einem Retter der Nation, von Gott gesandt. General Rahimi, der für die Einhaltung des Ausnahmezustands in Teheran zuständig war, hatte mit der Opposition vereinbart, dass friedliche Demonstrationen für die nächsten drei Tage erlaubt seien. Die Armee war in Bereitschaft versetzt worden, um bei Ausschreitungen eingreifen zu können. Die ersten, die die Maschine nach der Landung verließen, waren die Bodyguards von Chomeini. Chomeini hatte dreißig bis vierzig hochtrainierte Libyer zu seinem Schutz angeheuert.
Chomeini hielt nach seiner Ankunft eine kurze Ansprache, in der er die gegenwärtige Regierung für illegal erklärte und klarmachte, dass er innerhalb der nächsten beiden Tage eine neue, islamische Regierung ernennen werde.
Ansprache auf dem Zentralfriedhof
Dann verließ Chomeini den Flughafen und flog mit dem Hubschrauber zum Zentralfriedhof von Teheran Behescht-e Zahra, um vor einem knapp zwei Millionen Menschen zählenden Publikum („Studenten, Intellektuelle, Kommunisten, einfache Arbeiter und Professoren, Frauen im Minirock und Frauen im Tschador“) eine große Ansprache an die iranische Nation zu halten.
„Allah soll der Nation den gerechten Lohn geben“
James A. Bill bezifferte 1980 in einem von der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegebenen Buch The Iranian Revolution and the Changing Power Structure die Gesamtzahl der Opfer der letzten 13 Monate vor dem Sturz des Schahs mit über 20.000 Toten und mehr als 100.000 Verletzten. Ende der 1990er Jahre untersuchte Emad al-Din Baghi im Auftrag der Zeitschrift der iranischen „Märtyrer-Stiftung“ (Bonyade Schahid) und auf der Grundlage der von der Stiftung nach der Islamischen Revolution gesammelten Daten die Zahl der Opfer des Schah-Regimes. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass zwischen 1963 und 1979 insgesamt 3.164 Iraner im Kampf gegen das Regime getötet worden seien, davon 2.781 in den revolutionären Unruhen 1977/78. Die Zahl der Opfer des marxistischen Guerillakampfes ab 1971 beziffert er dabei mit 341, von denen 171 im Kampf mit den Sicherheitskräften getötet, 91 hingerichtet, 15 „verschwunden“ und 42 unter der Folter gestorben seien.
„Monarchie, Parlament und Regierung sind illegal“
Nachdem Chomeini in seiner Rede der Opfer gedacht hatte, kam er zu dem wichtigsten Punkt seiner Rede, der Illegalität des bestehenden Systems. Als Erstes erklärte er die Staatsform der Monarchie für illegal.
Nachdem Chomeini erklärt hatte, warum die bestehende Monarchie illegal sei, erläuterte er, warum das Parlament und die Regierung illegal seien:
„Die Reformen des Schahs waren Betrug“
Chomeini fuhr dann fort, dass er das Reformprogramm des Schahs und hier insbesondere die Bodenreform für einen Trick hielt, um Iran von Importen aus den USA abhängig zu machen:
„Ich bestimme die neue Regierung“
Nachdem von Chomeini deutlich gemacht worden war, dass das bestehende System illegal sei, erläuterte er, wie es weitergehen soll:
Die einzige politische Kraft, die ihn durch einen Putsch davon hätte abhalten können, seine Pläne umzusetzen, war die Armee. Aus diesem Grund rief er am Schluss seiner Rede die Armee auf, ihn zu unterstützen:
Die Rede Chomeinis vom 1. Februar 1979 war vom Iranischen Nationalfernsehen (NITV) live übertragen worden. In der von Shia-TV über das Internet verfügbar gemachten Fassung wurden einige Passagen aus der Rede entfernt. Die entfernten Teile wurden in einem von Masoud Sadr produzierten Video zusammengestellt und enthalten unter anderem folgende Ausschnitte der Rede Chomeinis:
Die Ernennung von Mehdi Bāzargān zum Premierminister des Übergangs
Am 5. Februar 1979 ernannte Chomeini Mehdi Bāzargān zum Premierminister des Übergangs. Straßenkämpfe brachen in Teheran aus. Nachdem die Armee Premierminister Bachtiar die Unterstützung verweigert hatte und ihre Neutralität in der politischen Auseinandersetzung zwischen Chomeini und Bachtiar erklärt hatte, musste Bachtiar aus seinem Haus fliehen, um nicht von Milizen Chomeinis verhaftet zu werden. Die Islamische Revolution war in eine neue Phase getreten.
Erste Verhaftungen und Exekutionen
Nach letzten Straßenkämpfen mit schahtreuen Truppen wurden in Teheran alle Ministerien, Behörden, Kasernen und die Medien von den Revolutionsgarden eingenommen. Am 11. Februar 1979 war die bisherige Ordnung völlig zusammengebrochen. Die Gefängniswachen waren geflohen. Am späten Nachmittag des Tages gab der Radiosender des Landes die historische Ankündigung bekannt: „Dies ist die Stimme Irans, die Stimme des wahren Irans, die Stimme der Islamischen Revolution.“
Am 12. Februar 1979 wurden der ehemalige Premierminister Amir Abbas Hoveyda, der frühere Landwirtschaftsminister Mansur Rowhani und mehrere Generäle im Fernsehen über ihre frühere Tätigkeit befragt. Hoveyda, der bereits vom früheren Premierminister Gholam Reza Azhari verhaftet worden war und sich jetzt wieder auf freiem Fuß befand, erklärte sich bereit, zu allen Anklagepunkten Stellung zu nehmen. Er fühlte sich vollkommen unschuldig. Rowhani verteidigte seine Arbeit als Landwirtschaftsminister und die Bodenreform. General Rabii erläuterte die Entscheidung der Militärs, sich im Kampf um die Macht zwischen dem vom Schah bestimmten Premierminister Bachtiar und dem von Chomeini ernannten Premierminister Bazargan neutral verhalten zu haben: „Bachtiar hatte erklärt, er wolle eine Republik auf der Grundlage der bestehenden Verfassung einrichten. Bazargan wollte eine Republik durch eine Volksabstimmung herbeiführen. Da beide Premierminister dasselbe Ziel verfolgten, habe man sich von Seiten der Militärs entschieden, sich neutral zu verhalten, um Blutvergießen zu vermeiden.“
Am 13. Februar 1979 schrieb Ali Asghar Hadsch Seyyed Dschawadi in der Tageszeitung Keyhan: „Die Neutralitätserklärung des Militärs ist bedeutungslos … Jeder Anspruch dieser Leute auf eine friedliche Kapitulation sollte mit revolutionärer Grausamkeit zermalmt werden.“ Die Linke Guerillabewegung in Iran forderte die Entlassung der Generäle und die Schaffung eines Revolutionsgerichts. Zwei Tage später, am 15. Februar 1979, begann man mit den ersten Hinrichtungen. Die Generäle Nassiri, Rahimi, Nadschi und Chosrodad waren die ersten Opfer der neuen islamischen Justiz. Chomeini hatte ihre Hinrichtung angeordnet. Die Anklage lautete mufsed fi'l arz und mohareb ba choda. Zum ersten Mal in der neueren Geschichte Irans wurde jemand zum Tode verurteilt, weil er der Korruption auf Erden Vorschub geleistet und sich gegen Gott gewandt habe. Oberst i. G. Meyer-Plath, Teheran, berichtete am 17. Februar 1979:
Am 20. Februar 1979 wurden vier weitere Generäle mit denselben Anschuldigungen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Am 22. Februar wurden 215 hochrangige Offiziere aus der Armee entlassen.
Die Gründung der Islamischen Republik Iran
Die Gründung der Islamisch-Republikanischen Partei
Am 19. Februar 1979 gründeten die Gefolgsleute Chomeinis die Islamisch-Republikanische Partei. Mit der Parteigründung sollten die unterschiedlichen politischen Organisationen, die sich im Vorfeld der Islamischen Revolution gegründet hatten, in einer Organisation zusammengefasst werden. Im Einzelnen waren dies die Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit, die Gesellschaft der Dozenten der religiösen Seminare (Dschame'eh-ye Modarresin Hozeh-ye Elmiyeh), die die Lehrer der Religionsschulen repräsentierte, die Vereinigung der Islamischen Koalition (Hayat-e Mo'talefeh Eslami), die in der Hauptsache von den Kaufleuten aus dem Basar getragen wurde, und die Gesellschaft der islamischen Ingenieure (Dschame'eh-ye Eslami Mohandesin), die sich aus Technokraten zusammensetzte, die die westlich orientierte Politik des Schahs ablehnten.
Innerhalb des Kreises der Ajatollahs sah sich Chomeini dem Problem gegenüber, dass er nur einer unter vielen Ajatollahs war und dass es innerhalb der Hierarchie der Ajatollahs ranghöhere Geistliche gab, die ihm den Führungsanspruch hätten streitig machen können. Hierzu zählte Großajatollah Kasem Schariatmadari, der erklärte, dass das von Chomeini vertretene politische Modell einer Regierung der geistlichen Führer (velayat-e fagih) keine Basis in der schiitischen Theologie hätte. Seiner Ansicht nach sollte man besser die Verfassung von 1906 aus der Zeit der Konstitutionellen Revolution wiederbeleben, die zwar immer noch gültig war, aber im Lauf der Jahre vor allem unter Schah Mohammad Reza Pahlavi durch das Parlament mehrfach modifiziert worden war.
Chomeini entgegnete, dass der Schah den in der derzeitigen Verfassung stehenden Artikel, dass alle in Iran gültigen Gesetze den Normen des schiitischen Islams entsprechen müssten, schon seit langem nicht mehr beachtet hätte und dass daher die schiitische Geistlichkeit jetzt selbst tätig werde müsse, um die gesellschaftliche Entwicklung Irans wieder in die richtige Richtung zu lenken. Mit der Aussicht auf die Machtübernahme durch die schiitische Geistlichkeit waren plötzlich für viele junge Religionsschüler Posten in Ministerien und dem Regierungsapparat, und damit die Möglichkeit, Macht auszuüben, in greifbare Nähe gerückt, was ihnen unter Schah Mohammad Reza Pahlavi verwehrt geblieben wäre. Mit diesem Versprechen wuchs die Zahl der Befürworter der Ideen Chomeinis rasant an, was diesem wiederum die Möglichkeit bot, Großajatollah Schariatmaderi zur Seite zu schieben und sich selbst zum „Obersten Führer“ zu ernennen.
Das Referendum zur Frage einer Islamischen Republik
Bei der Durchsetzung seiner Vorstellungen wandte Chomeini zwei Strategien an: die Strategie des Dschihad und die des Idschtihād. Mit dem gegen die eigene Bevölkerung gerichteten Dschihad sollte die Islamisierung der Politik und der Gesellschaft mit Gewalt durchgesetzt werden. Mit der Ausrufung des Dschihad stellte er ein für alle Mal klar, dass die von der säkularen Opposition als „iranische Revolution“ betrachtete revolutionäre Bewegung eine islamische Bewegung ist und daher der Begriff „Islamische Revolution“ statt Iranischer Revolution zu verwenden sei.
Nachdem bei dem am 30. und 31. März 1979 durchgeführten Referendum mit den Wahlmöglichkeiten
- Islamische Republik:
- ja (grün)
- nein (rot)
eine überwältigende Mehrheit (über 98 % Ja-Stimmen) für die Islamische Republik gestimmt hatte, rief Chomeini die Islamische Republik Iran aus. Nun konnte die Ausarbeitung einer neuen Verfassung beginnen. Der deutsche Botschaftsrat Strenziok resümierte am 2. April 1979:
Weitere Hinrichtungen
Iran wurde damit zum Gottesstaat unter der Herrschaft einer Minderheit der höchsten geistlichen Autorität des schiitischen Islams, welche nicht zögerte, unter Anwendung von Gewalt ihre Herrschaft in Iran durchzusetzen. Erstes Ziel des von Chomeini ausgerufenen Dschihad war es, die wichtigsten Militärs, Politiker, Ideologen und Unterstützer des Schahs zu eliminieren. Chomeini teilte die Bevölkerung Irans in zwei Gruppen ein, die mustaz'afeen (die Armen oder Unterdrückten) und die mustakbereen (die Reichen oder Unterdrücker). Alle, die in irgendeiner Weise mit der früheren Regierung in Verbindung gebracht werden konnten, galten als „Unterdrücker“. Damit hätten sie sich am iranischen Volk und am Islam schuldig gemacht und müssten bestraft werden. Chomeini erklärte noch am selben Abend des Referendums, dass die verhafteten Repräsentanten des Pahlavi-Regimes keine „Angeklagten“ seien, deren Schuld man beweisen müsse. Sie seien vielmehr „Kriminelle“, deren Schuld zweifelsfrei feststehe. Es folgte eine neue Hinrichtungswelle. Am 7. April 1979 wurde der frühere Premierminister Amir Abbas Hoveyda erschossen, zwei Tage später die Generäle Rabii und Chadschenuri. Am 10. April 1979 wurden die früheren Leiter des SAVAK General Moqaddam und General Pakravan und der Befehlshaber der kaiserlichen Garde General Neschat hingerichtet. Am selben Tag wurden der frühere Außenminister Abbas-Ali Chalatbari, der Präsident des Parlaments Abdollah Riazi, der Landwirtschaftsminister Mansur Rowhani und weitere Personen hingerichtet.
Am 13. Mai 1979 erklärte Revolutionsrichter Sadegh Chalkali den Schah, Farah Pahlavi, Prinzessin Aschraf Pahlavi, den Bruder des Schahs Prinz Gholam Reza, den iranischen Botschafter in den USA Ardeschir Zahedi, den ehemaligen Premierminister Dschafar Scharif-Emami, Huschang Nahavandi und die Generäle Azhari und Oveisi, die sich alle im Ausland befanden, für mahdur-ud-dam (vogelfrei). Jeder, der diese Personen töte, handle im Auftrag des islamischen Revolutionsgerichts.
Am 15. August 1979 notierte Referat 311 des Auswärtigen Amtes:
Erste Gegendemonstrationen
Spätestens Mitte August machte sich der in der iranischen Mittelschicht seit langem schwelende Unmut über Entwicklungen der islamischen Revolution in einer von der National Demokratischen Front sowie verschiedener laizistischer Gruppen organisierten Demonstration für Pressefreiheit Luft. Botschaftsrat Strenziok berichtete am 13. August 1979 aus Teheran:
Am 12. August 1979 war ein neues Pressegesetz erlassen worden, das die Berichterstattung der ausländischen Medien einschränkte und das Meinungsmonopol der Regierung festigte. Bereits einige Tage zuvor war die größte Oppositionszeitung Ayandegan geschlossen und mehrere oppositionelle Journalisten verhaftet worden.
Eliminierung der früheren politischen Opposition
Das zweite Ziel des von Chomeini ausgerufenen Dschihad war es, die Oppositionsbewegung gegen den Schah zu einer rein islamischen Bewegung unter seiner Führung zu machen. Zum einen sollten Gegner in den Reihen der Ajatollahs wie Großajatollah Schariatmadari ausgeschaltet, zum anderen sollten auch die bürgerliche und die linke Opposition sowie die Guerillagruppierungen eliminiert werden. Oppositionelle Geistliche, die Mitglieder der Tudeh-Partei und jegliche linker Opposition sahen sich einer brutalen Verfolgung ausgesetzt. Auch die bürgerliche Opposition der Nationalen Front wurde Opfer von Inhaftierungen, Folterungen und Hinrichtungen. Mitglieder der Volksmudschahedin wurden verhaftet und hingerichtet.
Am 4. November 1979 kam es zur Besetzung der amerikanischen Botschaft in Teheran durch radikale Studenten und zum Beginn der mehr als einjährigen Geiselnahme von Teheran, für die Chomeini zuvor in einer Erklärung indirekt aufgerufen hatte.
Mit der Besetzung der US-Botschaft und der Geiselnahme begann, nach Riyahi, die zweite Phase der Etappe, einen theokratischen Staat zu errichten, dem nachlassenden Schwung der Revolution mit dem Aufbau eines äußeren Feindes neue Kräfte zuzufügen. Als Erstes erfolgte am 6. November 1979 die Ablösung des von Chomeini als Übergangspremierminister eingesetzten Mehdi Bāzargān durch ein „Kabinett ohne Premierminister“, in dem Abolhassan Banisadr als Außen-, Wirtschafts- und Finanzminister wirkte. Der Sicherheitsberater Präsident Carters, Zbigniew Brzeziński, hatte sich am 1. November 1979 mit Premierminister Bazargan in Algerien getroffen. Dieses Treffen schürte den Argwohn Chomeinis, dass Bazargan sich mit den USA über die weitere politische Entwicklung in Iran verständigen könnte. Mit der Besetzung der US-Botschaft war dieser Weg versperrt und Bazargan musste zurücktreten.
Aufbau eines islamischen Staatswesens
Am 3. Dezember 1979 wurde ein Referendum über die neue iranische Verfassung abgehalten. Nach offiziellen Angaben lag die Zustimmung wie schon bei dem Referendum vom 31. März bei nahezu 100 %, andere Quellen sprechen jedoch nur von etwa 60 %. Somit wurde die einstige Monarchie Iran zur Islamischen Republik, einem schiitischen Gottesstaat, geführt von Chomeini als höchster religiöser und politischer Autorität.
Das dritte Ziel des von Chomeini mit der Besetzung der amerikanischen Botschaft ausgerufenen Dschihad war der Aufbau einer islamischen Ordnung mit einem Präsidialsystem bestehend aus einer Exekutive, Legislative und Jurisprudenz, die sowohl ihm, dem obersten Führer, wie dem iranischen Volk verantwortlich waren. Das tägliche Leben der Bevölkerung sollte durch einen moralischen Kodex für jedermann und Bekleidungsvorschriften für Frauen in eine islamische Konformität gezwungen werden. Die Revolutionswächter (Pasdaran) wurden gegründet, um die Einhaltung der islamischen Ordnung zu überwachen.
Neben dem Dschihad gab es immer auch eine Dimension des Idschtihād, der schöpferischen Auslegung und Anwendung des Islams. Chomeini war klar, dass er auf der Grundlage des Dschihad keinen islamischen Staat als Teil der internationalen Weltordnung aufbauen konnte. Die Frage, wie man einen islamischen Staat langfristig sichern könne, löste Chomeini auf seine ihm eigene Weise. Er ließ neben den Dschihadis auch eine islamische Oppositionsbewegung zu, die sich selbst als Reformer betrachteten und von Mohammad Chātami angeführt wurden. Damit war eine systemimmanente politische Diskussion zwischen den Hardlinern und den Reformern eröffnet, die das islamische System als Ganzes nicht in Frage stellen, sondern politisch stabilisieren würde.
Unterstützung der Islamischen Revolution aus dem Ausland
Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO)
Zunächst waren nur Gerüchte über eine Zusammenarbeit zwischen den Anhängern Chomeinis und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) im Umlauf. Dass palästinensische Milizionäre am 8. September 1978 – dem Tag, der als schwarzer Freitag in die Geschichte Irans eingegangen ist – auf dem Dschaleh-Platz in Teheran aus den umliegenden Häusern zuerst in die Demonstranten und dann auf die Soldaten geschossen hatten, konnte dann auch erst später durch Aussagen von Augenzeugen erhärtet werden.
Die öffentliche Bekanntgabe und Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen der sich in der Gründung befindlichen Islamischen Republik Iran und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) erfolgte am 17. Februar 1979. Der deutsche Botschafter in Iran, Ritzel, berichtete am 18. Februar 1979 an das Auswärtige Amt:
Wie bedeutsam die Beziehungen zwischen Chomeini und Arafat waren, zeigt ein Treffen Arafats am 13. Juli 1979 mit dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt und dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky in Wien, bei dem Arafat gebeten wurde, sich gegenüber Chomeini für die iranischen Juden einzusetzen. Arafat hat nach einer Gesprächsnotiz des Legationsrats Schenk diesem Wunsch auch entsprochen.
Syrien
In einem am 27. August 1979 in Damaskus geführten Gespräch zwischen dem damaligen syrischen Außenminister Chaddam und Bundesaußenminister Genscher räumte der syrische Außenminister auf die Frage nach der Lage in Iran ein:
Chaddam ging dann freimütig auf die weitere Zusammenarbeit mit der iranischen Führung ein, indem er offenbarte, dass Syrien mit der iranischen Führung Zusammenarbeit in einer Reihe von Bereichen vereinbart habe. Es sei völlig unzweifelhaft, dass die staatliche Autorität bei Chomeini liege.
Übergriffe in der Bundesrepublik Deutschland
Am 15. August 1979 notierte das Referat 511 des Auswärtigen Amtes:
Reaktionen
Am 2. Februar 1979 versicherte Zbigniew Brzeziński Präsident Jimmy Carter:
Am 21. Februar 1979 fand ein Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel statt. Als inhaltlicher Konsensus wurde festgehalten:
Die iranisch-amerikanischen Beziehungen kamen mit der Geiselnahme von Teheran völlig zum Erliegen. Die USA wurden von Chomeini als Feindbild aufgebaut und als Großer Satan bezeichnet.
Der Anspruch Chomeinis, die Revolution in die islamischen Nachbarländer zu exportieren (Revolutionsexport), führte unter den dortigen Regierungen zu einer ablehnenden Haltung gegenüber Iran. Saddam Hussein begann 1980 sogar den Iran-Irak-Krieg, der bis 1988 andauerte und die Exportambitionen des Chomeini-Regimes letztlich zunichtemachte.
Der ehemalige britische Botschafter in Iran, Anthony Parsons, kommt in seinen Erinnerungen zum Schluss, dass es sich bei den politischen Umwälzungen des Jahres 1979 gar nicht um eine Revolution, sondern um eine Gegenrevolution gehandelt hat.
Der Versuch der Volksmujahedin, die Islamische Revolution zu wiederholen
Die Volksmudschahedin, die nach 1979 zur wichtigsten Oppositionsgruppe in der Islamischen Republik wurden, vertraten 1980 in ihrer Zeitschrift Modschahed die Auffassung, dass die Islamische Revolution verraten worden sei, weil die traditionelle Geistlichkeit ihre „Tentakel bis in die Gerichte, die Medien und das Madschlis ausgestreckt“ und eine „Diktatur der Mullahs“ errichtet habe. Sie beabsichtige, die Macht für 2.500 Jahre zu monopolisieren, so wie diese vorher 2.500 Jahre von der Monarchie monopolisiert worden sei. Am 19. Juni 1981 riefen die Volksmudschahedin zusammen mit Präsident Abolhassan Banisadr die ganze Nation dazu auf, am nächsten Tag auf die Straße zu gehen und ihren Widerstand gegen die „Monopolisten“ der Islamisch-Republikanischen Partei zum Ausdruck zu bringen, die ihrer Meinung nach einen geheimen Staatsstreich durchgeführt hätten. Ihre Absicht war, den Prozess der Islamischen Revolution zu wiederholen: „zunächst eine Reihe immer heftigerer Demonstrationen anzuzetteln, dann im ganzen Land, vor allem in den Ministerien und Fabriken, Sympathiestreiks auszulösen und schließlich die bewaffnete Macht des Staates, in diesem Fall die Pasdars, zu demoralisieren, bis das gesamte Regime zusammenbrechen würde“.
Das Regime der Islamischen Republik reagierte prompt und entschieden. Seine Anhänger rieten der Bevölkerung, zu Hause zu bleiben: So rief etwa Behzad Nabavis Organisation der Mudschahedin der Islamischen Revolution die iranische Jugend auf, ihr Leben nicht für den „Liberalismus und Kapitalismus“ zu verschwenden. Prominente Geistliche erklärten, dass Demonstranten, unabhängig von ihrem Alter, als „Feinde Gottes“ behandelt und als solche auf der Stelle hingerichtet würden. Hezbollah-Anhänger wurden bewaffnet und mit Lastwagen herangeschafft, um die Hauptstraßen zu blockieren. Die Islamische Revolutionsgarde erhielt den Befehl zu schießen. Allein in der Nähe der Teheraner Universität wurden 50 Menschen getötet, 200 verletzt und 1.000 verhaftet. Dies übertraf die meisten Straßenschlachten der Islamischen Revolution. Die Volksmujahedin setzten ihren Kampf gegen das klerikale Regime bis zum September 1985 mit Hinterhalten, Selbstmordanschlägen, Bombenanschläge und Attentaten fort. Das Regime reagierte darauf mit brutaler Verfolgung. Hierbei verloren mehr als 9.000 Volksmudschahedin ihr Leben.
Literatur
- Ervand Abrahamian: Radical Islam. The Iranian Mojahedin. I.B. Tauris, London 1989.
- Natalie Amiri: Zwischen den Welten. Von Macht und Ohnmacht im Iran. Aufbau, Berlin 2021, ISBN 978-3-351-03880-9; Taschenbuchausgabe ebenda 2022, ISBN 978-3-7466-4030-3, S. 17–27 (Kinder der Revolution).
- Frank Bösch: Die Revolution im Iran. Der Westen und der radikale Islam. In: Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann. C. H. Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-73308-6, S. 18–60.
- Amad Farughy, Jean-Loup Reverier: Persien: Aufbruch ins Chaos? Eine Analyse der Entwicklung im Iran von 1953–1979. München 1979, ISBN 3-442-03846-4.
- Ahad Rahmanzadeh: Revolution und Re-Islamisierung im Iran. In: Mitteilungen des deutschen Orient-Instituts. Nr. 21. Hamburg 1984.
- Cheryl Benard, Zalmay Khalilzad: The Government of God: Iran’s Islamic Republic (1984), ISBN 0-231-05376-2; deutsch: Gott in Teheran. Irans Islamische Republik. Aus dem Amerikanischen vom Charlotte Blaschke, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988 (ISBN 3-518-11327-5).
- James Buchan: Days of God: The Revolution in Iran and Its Consequences. John Murray, London 2012, ISBN 978-1-84854-066-8.
- Michael Axworthy: Revolutionary Iran: A History of the Islamic Republic. Oxford University Press, New York 2013, ISBN 978-0-19-932226-8.
- Arang Keshavarzian, Ali Mirsepassi (Hrsg.): Global 1979: Geographies and Histories of the Iranian Revolution. Cambridge University Press, Cambridge 2021, ISBN 978-1-108-96974-1.
Weblinks
- The Story of the Revolution (Geschichte der Islamischen Revolution; pers./engl.)
- Liste der hingerichteten Personen seit Gründung der Islamischen Republik Iran
- Bilder
- Fotos von Kave Kazemi
- In pictures: The Iranian revolution, BBC World (engl.)
- Video
- Besuch von PLO-Chef Arafat in Teheran als erster ausländischer Staatsgast auf YouTube
- "NIGHT AFTER THE REVOLUTION English Version" (Eine Dokumentation von Reza Allamehzadeh) auf YouTube
- Audio
- «Nieder mit dem Schah!» - 40 Jahre islamische Revolution im Iran In: Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen vom 26. Januar 2019
Einzelnachweise




